Durchgecheckt 2: D’Angelico New Yorker

Durchgecheckt 2

Legendär

D’Angelico New Yorker

Von Wolfgang Niemann

Fotos: Schuhmann

 

D’Angelico, für Jazzgitarren-Fans ein geradezu poetisch klingender Name. Heute gleichsam ein Synonym für Archtop-Gitarren der höchsten Qualitätsstufe. Und bei einer Gesamtzahl von gerade einmal 1.164 Gitarren, die in den Jahren von 1932 bis 1964 gebaut wurden, dürfte es wesentlich schwieriger sein, ein zum Verkauf stehendes altes Exemplar ausfindig zu machen, als seinen Lieblingsbanker von der Notwendigkeit einer solchen Investition zu überzeugen ...

Historie

John D’Angelico, geboren 1905 in New York, begann im Alter von neun Jahren seine Instrumentenbauer-Ausbildung bei seinem Großonkel Ciani und übernahm schon sehr früh nach dessen Tod die Gesamtverantwortung für das Geschäft.1932 war dann die Gründung seiner eigenen Werkstatt. Wie viele andere Gitarrenbauer seiner Zeit orientierte auch D’Angelico sich zunächst an dem Industriestandard der Zeit und baute seine Interpretation der Gibson L5. Doch schnell folgte er seinen eigenen Ideen und begann ca.1936, die Modelle zu entwickeln, die ihn berühmt machten: „Excel" und „New Yorker". Nie bis in die letzte Einzelheit festgelegt, da D’Angelico immer auch die Wünsche seiner Kunden mit berücksichtigte, lag der grundsätzliche Stil in Konstruktion und optischer Gestaltung der beiden Modellreihen allerdings fest. Lediglich die Korpusgröße war ein festes Merkmal. Beim Modell „Excel" ein 17"-Korpus, bei der „New Yorker" betrug das Maß nahezu stolze 18" und war damit ein unmittelbarer Konkurrent zur Gibson „Super 400". Beiden Modellen gemeinsam ist, dass die Decke mit einem X-Bracing versehen wurde - für die Tonentfaltung und Ausarbeitung der Decke ein nicht unwesentlicher Faktor. Nicht umsonst genießt John D’Angelico den Ruf, ein nahezu vollkommenes Verständnis für Konstruktion und Design der Archtop-Gitarre gehabt zu haben. Viele seiner Entwicklungen finden sich in den Instrumenten seiner Nachfolger, die sich offen auf seinen Einfluss beziehen. Zu den wohl berühmtesten zählen z.B. D’Aquisto und Benedetto. Verständlich, war D’Aquisto doch Lehrling und langjähriger Mitarbeiter bis zum Tode D’Angelicos im Jahre 1964.

Seit einiger Zeit werden nun in einer japanischen Manufaktur die klassischen D’Aquisto-Topgitarren nach Originalplänen und mit Originalwerkzeugen reproduziert. Im Angebot sind u.a. ein handgeschnitztes Spitzenmodell und zwei weitere Abkömmlinge der „New Yorker". Die günstigste Ausführung wollen wir uns nun etwas näher ansehen.

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Klang- und Spieleigenschaften

Die D’Angelico schmiegt sich komfortabel an den Körper. Gerade auch durch die etwas geringere Korpustiefe empfindet man dieses Instrument nicht als zu sperrig, und besonders beim Spiel im Stehen bietet das Vorteile. Der Hals ist gut geschnitten, liegt angenehm in der Hand und unterstützt alle Aktionen auf dem Griffbrett optimal. Überzeugt die D’Angelico bereits bei rein akustischem Spiel, so zeigt sie erst recht ihre Talente am Verstärker. Der Ton ist in allen Lagen sehr ausgeglichen, perkussiv und prägnant. Durch die Parallelbeleistung und die etwas geringere Korpustiefe klingt diese Gitarre etwas mittiger und ist auch rein akustisch sehr durchsetzungsfähig. Ausgesprochen interessant wird gerade der Mischsound aus rein akustischem und elektrischem Ton - etwa im Studio. Wie man es von einer Archtop-Gitarre mit Floating Pickup erwartet, ist der Anschlag sehr direkt, nahezu trocken. Elektrisch verstärkt ist die „New Yorker" sehr gut zu kontrollieren (Feedback) und setzt Anschlagsdynamik und Eigenheiten des Musikers perfekt um.

Fazit

Wer schon immer von einer D’Angelico träumte, hat nun die Möglichkeit, seinen Traum zumindest optisch zu verwirklichen. Aber auch dem, der lediglich eine qualitativ exzellente Archtop-Gitarre mit schwebendem Tonabnehmer und gutem Preis-Leistungs-Verhältnis sucht, sei eine nähere Beschäftigung mit dieser wunderschönen Gitarre empfohlen. Lediglich der in der Optik hochwertige Koffer will in seiner Qualität nicht so recht zum überzeugenden Inhalt passen. Da wünschen wir uns Abhilfe. Ansonsten eine überzeugende Gitarre mit eigenständigem Charakter. Und wer es noch ein wenig exklusiver haben möchte, der kann fündig werden: Angeboten sind ferner die „New Yorker Custom" für 10.560,- DM bzw. die „NYL-1" (handgeschnitzt) für 23.232,- DM.

Den vollständigen Artikel finden Sie in AKUSTIK GITARRE 6/99