Test: Washburn D-10
Klasse-Einstieg
Washburn D-10
Von Gregor Hilden
Ein wenig turbulent ging es in den vergangenen Monaten mit dem Traditionsfabrikat Washburn zu: Die Probleme hinsichtlich der Lieferschwierigkeiten der Instrumente und einem zuständigen deutschen Vertrieb sind nun aber definitiv gelöst: Mit dem Berliner Importeur Sound Service gibt es ab sofort einen neuen etablierten Großhandel, der sich um die Auftragsannahme und den Service von Washburn Gitarren kümmert.
Weiterhin werden die günstigen Washburn-Instrumente in Fernost gebaut, eine kleine Serie handgebauter Gitarren Made In USA" ist zudem erhältlich. Wir wollen uns heute mit dem günstigsten Modell des Kataloges beschäftigen, einer Dreadnought-Westerngitarre in klassischer" Martin-Bauweise, die mit ihrem attraktiven Verkaufspreis von 595,- DM in erster Linie als Einsteigermodell konzipiert ist.
Auf den ersten Blick
Frisch ausgepackt meint man zunächst, es doch mit einem teureren Instrument von Washburn zu tun zu haben. Die D-10 ist professionell gearbeitet, einwandfrei auf Hochglanz lackiert (was im Gegensatz zu einem matten Überzug ein deutliches Mehr an Arbeitsaufwand bedeutet, somit auch kostenintensiver ausfällt) und zudem mit den exklusiven, professionellen Grover-Stimmechaniken ausgestattet. Ein Blick auf das Label bestätigt aber schnell, daß es die richtige Gitarre ist, insbesondere aber beim Studium der technischen Daten wird deutlich, daß Washburn natürlich auch nur mit Wasser kocht - der komplette Body ist aus nichtmassiven Hölzern (Mahagoni plus Fichtendecke) hergestellt, was im übrigen für Markeninstrumente dieser Preisklasse üblich ist. Offensichtlich hat man sich aber Mühe gegeben, für einen denkbar günstigen Preis ein deutliches Plus an Ausstattung (Mechaniken, Lackierung) und Verarbeitungsqualität zu liefern. So finden sich äußerlich wie auch im Innenraum des Bodys keinerlei Unregelmäßigkeiten, wenige, aber geschmackvoll entworfene Verzierungsdetails (ein sechsfaches Kunststoffbinding an der Korpuskante und dazu passende Schallochrosetten) schmücken das äußere Erscheinungsbild dieser großvolumigen Stahlsaitengitarre.
Bespielbarkeit
Nun ist die D-10 in erster Linie für Gitarrenanfänger gebaut, und gerade dann ist es von besonderer Wichtigkeit, daß Halsshaping, Saitenlage und die Bundabrichtung ein komfortables Bespielen des Halses ermöglichen. Die D-10 ist mit einem außergewöhnlich schlanken Hals ausgestattet, der aber eine geringfügig vergrößerte Breite aufweist. Wenngleich mit diesem Halsdurchmesser kleine Soundeinbußen hingenommen werden müssen (ein dickerer Hals bringt generell zusätzliche Nuancen im Klangfundament), ist es durchaus angebracht, als Anfänger diesen Kompromiß zu schätzen. Schließlich wird die Motivation und Spielfreude mit einem bequem zu handhabenden Instrument in der ersten Phase des Erlernens deutlich gesteigert und die großen Anfangshürden, wie etwa die ersten Barrégriffe, enorm geglättet. Die Washburn erfüllt diese Bedingungen geradezu vorbildlich. Alle gerade aufgeführten Komponenten sind ideal umgesetzt. Die Saitenlage ist auf Tiefststand (der geschickt angelegte Halswinkel zum Korpus ermöglicht zudem die Beibehaltung des Spielkomforts auch in höheren Lagen), allerdings wurde werksseitig der im Hals eingelegte Stahlstab geringfügig zu fest angezogen, so daß bei hartem Anschlag die Baßsaiten in den ersten Lagen ein wenig schnarren. Mit dem beigelegten Schlüssel läßt sich die Korrektur in wenigen Minuten vornehmen - dabei sollte allerdings der Gitarrenlehrer oder der Gitarrenverkäufer hinzugebeten werden. Im übrigen wäre es auch kein Problem, die vorliegende Einstellung beizubehalten (die Saitenlage ist in dieser Position noch einmal deutlich niedriger), der kräftige Anschlag entwickelt sich ohnehin erst mit der Zeit, und die Toleranzgrenze für (leichte) Schnarrgeräusche ist bei jedem Musiker unterschiedlich angesiedelt.
Klang
Übertrifft die Washburn D-10 in puncto Verarbeitung und Spielkomfort noch durchaus die Ansprüche, die man an eine Westerngitarre für knapp 600,- DM stellt, so wird beim Thema Klang immerhin ein grundsolider Eindruck offenbart. Dies bedeutet, der Sound ist durchaus angenehm, die Gitarre ist laut, und sie besitzt ein gutes, langes Sustain (damit ist die Tondauer nach dem Anschlag der Seiten gemeint). Der Klang entwickelt sich gleichmäßig und ausgewogen. Extreme Spitzen in bestimmten Frequenzen gibt es nicht. Ebensowenig gibt es tote" Punkte auf dem Griffbrett (sogenannte Dead-Spots" sind manchmal sogar an teuren Gitarren auszumachen - ein Ton ist dann nur auf einem bestimmten Bund mit deutlich weniger Sustain ausgestattet als seine Nachbartöne). Was fehlt, ist ein wenig die Wärme eines teureren Instrumentes, die tonale Kraft und die sensible Zeichnung des Klangbildes. Um es denn noch einmal zu betonen: Wer auf diese Eigenschaften besonderen Wert legt, muß grundsätzlich tiefer in die Tasche greifen. Diese Unterschiede im Klangspektrum sind aber für einen Anfänger, der ein wenig auf seinen Finanzhaushalt achten muß, ohnehin nicht von immenser Bedeutung. Die D-10 gefällt mit ihrem eher schlanken Klangbild und mit ihren durchaus vorhandenen Dynamikreserven. Die Anschaffung einer wertvollen Gitarre nach den ersten ein bis zwei Anfangsjahren ist auf diese Weise mit nur wenig Verlust einzuplanen, da sich ein Markeninstrument wie die Washburn später zu einem guten Preis wieder verkaufen läßt. Das Risiko, das man aber eingeht, wenn man gleich zu Beginn ein Profiinstrument erwirbt, um dann irgendwann festzustellen, daß es nicht die Richtige" war, ist größer und kann mit einem preisgünstigen Einstieg wie mit dieser Gitarre kontrollierbar gehalten werden.
Fazit
Wer erst einmal wenig Geld investieren möchte, um sich in seinem möglichen zukünftigen Hobby zu versuchen, bekommt mit der Washburn D-10 ein Instrument, welches das Interesse des Schülers an der Gitarre uneingeschränkt fördern wird. Wichtig: Die D-10 liefert den gleichen Bespielbarkeitskomfort, wie es Gitarren aus teureren Preisregionen tun - freilich ohne dabei auch deren klangliche Güte zu erreichen. Dies soll aber nicht bedeuten, daß die Washburn etwa schlecht" klingt. Im Gegenteil, ein Gitarrenanfänger wird von dem Klangvolumen dieser Gitarre durchaus begeistert sein, schließlich ist das Soundniveau auch bei Gitarren der unteren Preisklasse in den letzten Jahren so beträchtlich gestiegen, daß so mancher Gitarrenveteran" in seiner Lehrzeit froh gewesen wäre, über die Klangqualitäten einer D-10 verfügen zu können. Fazit: Es läßt sich richtige Musik" machen mit dieser Gitarre. Ein Klasse-Einstieg.
Technische Daten
Herkunft: Korea
Form: Dreadnought
Body: Mahagoni
Decke: Fichte
Randeinlagen (Binding): sechsfache Kunststoffeinfassung
Schallochrosette: Kunststoff
Hals: Mahagoni, einteilig, Halsfuß u. Kopfplatte angesetzt
Kopfplatte: Mahagoni, Palisanderfurnier
Griffbrett: Palisander
Halsbreite Sattel: 45 mm
Halsbreite 12. Bund: 55 mm
Bundstäbchen: Medium
Hals-Korpus-Übergang: 14. Bund
Mensur: 65 mm
Steg: Palisander
Sattel/Stegeinlage: Kunststoff
Stegpins: Kunststoff
Gurtknöpfe: 1
Pickguard: Kunststoff, schwarz
Mechaniken: Grover, geschlossen, verchromt
Optionen: keine
Werkssaiten: 0.11 (light)
Preis: ca. 595,- DM, ohne Koffer