Testbericht Yamaha CG 100 MSA

Yamaha CG 100 MSA

Von Hans Westermeier

Jede Märchenstunde beginnt ja wohl mit „Es war einmal...". Auch die Gitarrenmärchen! Also, es war einmal vor vielen Jahren, da ging man - wenn man sich eine klassische Gitarre kaufen wollte - in ein Musikgeschäft und verlangte nach einer „spanischen" Gitarre (so werden diese Gitarren übrigens auch noch heute oft genannt!).

Daß die „spanische" Gitarre aus Mittenwald, aus Bubenreuth oder aus anderen Hochburgen des deutschen Zupfinstrumentenbaus stammte, störte eigentlich niemanden. Manch einer erwarb auch eine „echte spanische" Gitarre! Auf jeden Fall war es Geschmack und machmal vielleicht auch ein bißchen gitarristische Weltanschauung, ob man sich letztendlich für eine deutsche „spanische" Gitarre oder eine spanische „spanische" Gitarre entschied.

Aber dann gab es auf einmal auch japanische „spanische" Gitarren in den Musikläden zu bestaunen. Gitarren aus Japan?! Wissen die denn überhaupt, wie man das Wort „Gitarre" schreibt? Und alle lachten und lachten... und wenn sie nicht gestorben sind, dann lachen sie mit Sicherheit schon lange nicht mehr...

Nun, liebe Leser, wozu diese „märchenhafte" Einführung? Tja, das hat zum einen sehr viel mit o.g. Geschichte zu tun, zum anderen aber auch sehr viel mit persönlichen Erinnerungen. Die erste klassische Gitarre aus dem Lande Nippon, die ich kennenlernte und in den Händen hielt, war eben eine Yamaha! Und ohne jemanden auf den vielzitierten Schlips treten zu wollen, war es auch der erste japanische Hersteller von Konzertgitarren, der sich bei uns ein Qualitätsprofil erkämpfen konnte. Eine Yamaha konnte man sich vor 25 Jahren durchaus kaufen, ohne von Gitarrenkundigen gleich als „Von-nix-ne-Ahnung-Typ" enttarnt zu werden! So, und da habe ich jetzt wieder eine Yamaha in den Händen, und ich weiß natürlich: Viel hat sich geändert im Gitarrenbusiness, aber irgendwie... stop! Halt! Schluß! Aus! Also jetzt langt's mit persönlichen Nostalgieduseleien! Marsch zurück zum nüchternen Gitarrentesteralltag!

Also... Yamaha. Wie bitte? 395,- DM empf. Verkaufspreis und hat 'ne massive Decke? Hört sich von der Papierform ja schon mal ganz gut an. Aber jetzt erstmal der Reihe nach:

Aufbau

Bei der Yamaha CG 100 handelt es sich von den Maßen her um eine ausgewachsene Konzertgitarre, also kein Juniormodell oder ähnliches. Ich sage das immer ganz gerne so ausdrücklich dazu, denn bei Konzertgitarren dieser Preisklasse könnte dies durchaus der Fall sein, und Fotos können ja leicht täuschen, was die tatsächlichen Dimensionen betrifft. Also, das wäre geklärt. Nun zu den verwendeten Hölzern der Gitarre. Die Zargen, der Boden und der Hals der Yamaha sind aus Natoholz gefertigt, eine Holzart, die zwar schon lange im (fernöstlichen) Gitarrenbau verwendet wird, aber doch nicht so häufig anzutreffen ist wie etwa Mahagoni. Auch für das Griffbrett wurde eine Holzart gewählt, die man nicht auf jeder Gitarre wiederfindet. „Bubinga" heißt dieses Holz und gilt in Fachkreisen als echte Alternative zu dem traditionell verwendeten Palisander.

Das Herzstück der Yamaha CG 100 ist aber natürlich die massive Fichtendecke. Nun ist es nicht etwa so, daß in dieser Preisklasse eine massive Decke selbstverständlich ist. Allerdings ist die CG 100 eben in dieser Preisklasse auch nicht die einzige ihrer Zunft, die mit diesem Qualitätsattribut in den Kampf um den willigen Käufer zu Felde zieht! Zum Schluß noch zu den kleineren Bauteilen der Gitarre. Steg und Sattel sind aus Kunststoff, ebenso die Wirbel. Die Mechaniken sind mir übrigens positiv aufgefallen. Sie sind streng genug, um die Stimmung möglichst konstant zu halten, aber doch wieder genügend leichtgängig, damit man sich beim Stimmen keine Blasen holt! Alles in allem macht die Yamaha bis jetzt einen sehr guten Eindruck, lediglich die Bundstäbchen hätte man ein klein wenig feiner entgraten können.

Spielbarkeit und Klang

Als Gitarrenlehrer werde ich sehr oft gebeten, beim Kauf einer Gitarre dabeizusein oder zumindest meine Meinung zu dem einen oder anderen Instrument zu sagen. Handelt es sich um einen Anfänger und möchte dieser vielleicht beim Gitarrenkauf nicht gleich zu tief in die Tasche greifen, rate ich immer dazu, vor allem auf die Spielbarkeit der Gitarre zu achten! Natürlich ist auch der Klang wichtig, aber bei Einsteigermodellen - das sind für mich Gitarren unter 500,- DM - muß man möglicherweise einen Kompromiß eingehen. Und da meine ich, ist für das Erlernen des Instruments die Spielbarkeit wichtiger als der Klang der Gitarre.

Wie auch immer, die Yamaha CG 100 erfüllt diesen Anspruch absolut. Sie ist, so wie sie ist - also ohne „Extratuning" vonseiten des Gitarrenlehrers - sofort „einsatzbereit". Das findet man nicht immer so vor! Z.B. am kritischen ersten Bund, wo sich so mancher Anfänger schon arg geplagt hat, die Saite niederzudrücken, gelingt dies wirklich problemlos. Auch das Erlernen der Barrégriffe ist dank der guten Saitenlage kein hoffnungsloser Fall, im Gegenteil! Die Werkssaiten sind überraschend gut und - ebenfalls nicht so häufig bei Gitarren in dieser Preisklasse zu finden - sauber aufgezogen! Also, es kann mit der Yamaha wirklich sofort losgehen. Pluspunkt! Auch der Klang stellte mich zufrieden. Die Yamaha hat ein schönes, ausgewogenes Klangbild und ist für viele Arten der Gitarrenmusik gut zu brauchen. Man spürt die Verwendung des massiven Deckenholzes. Dieses anfangs ja schon hervorgehobene Qualitätsmerkmal ist oftmals ein erstes Indiz für einen guten Ton!

Fazit

Die Yamaha CG 100 knüpft an die gute Gitarrenbautradition früherer Tage an, auch wenn diese Gitarren schon lange nicht mehr aus Japan, sondern aus Taiwan kommen. In der hart umkämpften Preisklasse unter 500,- DM ist sie für mich ganz vorne mit dabei. Hervorzuheben ist nochmals die sehr gute Spielbarkeit. Gitarreneinsteiger sollten sie auf alle Fälle einmal antesten!